Seit die Wohngenossenschaft „quartier4“ Ende August ihre offizielle Eintragung bekanntgegeben und zum Beitritt aufgerufen hat, hat sich die Mitgliederzahl der Genossinnen und Genossen in kürzester Zeit verdoppelt und zählt bereits jetzt 40 Personen. „Das Interesse ist gewaltig“ freute sich Vorstand und Moderator des analogen September-Jour Fixe, Max Schuh, im Club Vaudeville. Im großen Saal konnten sich denn auch die gut 50 Personen unter Einhaltung der Corona-Regeln informieren und austauschen. Und das war spannend – waren zu Beginn des Abends noch einige der BesucherInnen eher skeptisch, erlebten Vorstände, AufsichtsrätInnen und Mitglieder hernach viel positives Feedback und Bestätigung.
„Selbstbestimmt, selbstverwaltet und selbstverantwortet“ – das gemeinsame Ziel dieser speziellen Art der Wohnform bedeutet so viel mehr als nur Wohnen. Gegenseitige Unterstützung und Hilfe in einem offenen und freien Umfeld in einem lebendigen Quartier und dauerhaft sicherer und bezahlbarer Wohnraum, der jeder Spekulation entzogen ist – was ein wenig wie ein kitschiger Hippie-Traum klingt, das lassen die verschiedenen Arbeitskreis-Referenten in ihren Kurzvorträgen ganz realistisch erscheinen. Beeindruckend schildern die Vertreter der Arbeitskreise die detaillierte und professionelle Vorarbeit der vergangenen Jahre und schaffen es dennoch zu vermitteln, dass alles, was bereits erarbeitet wurde, weiterentwickelt und angepasst werden kann, stets vom Input und dem Engagement der Genossinnen und Genossen lebt.
„Wir passen mit unserem Konzept super in den vor zwei Jahren verabschiedeten Rahmenplan zur Entwicklung der Hinteren Insel“ erklärt Vorstand Christian Wollin. „Nach der Gartenschau im nächsten Jahr wird es dort in verschiedenen Schritten Veränderungen geben. Im Zeitraum 2025 bis 2030 möchten wir mit unserem Projekt zum Zug kommen“. Der Rahmenplan sei wertvoll, wichtig und eine großartige Chance für ein großartiges Stück Stadt, so Wollin weiter, „lasst uns den unbedingt verteidigen“.
Die Kernforderung von Aufsichtsrat Dr. Jan Glückert aus der Arbeitsgruppe Finanzierung lautet, dass das Nutzungsentgelt pro qm Wohnfläche, das den größten Anteil der Gelder darstellt, konstant bleibt. Hier strebe man 10 Euro, möglichst aber auch darunter, pro Quadratmeter an. Es mache schließlich den Reiz einer Genossenschaft aus, dass sie sich von der Mietentwicklung abkoppelt und flexible KFW Darlehen zur Finanzierung nutzen kann. Jan Glückert verschweigt nicht, dass die Grundvoraussetzung für die Finanzierungsmodelle eine hohe Wohndichte ist: „Ansonsten wird das Abenteuer Genossenschaft entweder sehr exklusiv oder aber sehr kurz“. Für die Mitgliedschaft in der Genossenschaft werden einmalig 1.000 Euro Pflichtanteil + 70 Euro Aufnahmegebühr fällig.
Aufsichtsrat Roland Linsenmayer wird in seinem Vortrag aus der Arbeitsgruppe Raumprogramm gleich unterbrochen, als er sein Variantenbeispiel mit 24 Erwachsenen und zehn Kindern einleitet. „Aber wir sind doch jetzt schon viel mehr!“ wirft ein künftiger Genosse ein. „Das kann man alles anpassen und erweitern und an die Mitglieder anpassen“ beruhigt Roland Linsenmayer. „Wir gehen bei ganz unterschiedlichen Nutzergruppen von rund 50 Quadratmeter pro Nase aus, also eher kompakt, um mehr Möglichkeiten bei den Gemeinschaftsflächen zu haben“. Dass die Genossenschaft sich stetig weiterentwickelt und besser werden möchte, das bekräftigt Vorstand KarlHeinz Brombeis: „Fragen von interessierten Männern und Frauen sind uns wichtig und zeigen uns auf, wo wir uns noch verbessern können. Beispielsweise wollen wir jemanden finden, der das Juristendeutsch einer Satzung allgemeinverständlich machen kann“.
Am Ende der Vorträge liegt Aufbruchstimmung in der Luft: Ehepaare, für die ihr Haus nach dem Auszug der Kinder zu groß geworden ist, können sich einen aktiven Neustart auf der Hinteren Insel ebenso lebhaft vorstellen wie Singles, Alleinerziehende oder Rentner.